Eine Tasse Kaffee und Erinnerungen von Patti Smith

Hier sitze ich in meiner kleinen Küche. Auf dem Tisch steht eine Tasse, aus der Dampf aufsteigt. Ich habe gerade Kaffee gekocht. Filterkaffee. Wie gerne ich dem Röcheln und Zischen der Maschine lausche und dabei beobachte, wie Kaffee in die Kanne tropft.

Nun schaue ich durch das schmale Fenster auf den Innenhof. Ein Stück Wirklichkeit, dem selten eine besondere Beachtung geschenkt wird. Aneinandergereihte Mülltonnen, ein paar Sträucher, ein unbenutzter Fahrradständer und die Fenster der anderen Wohnungen, aus denen die Bewohner vielleicht auf dieselbe Weise auf diesen Innenhof blicken, wie ich es tue.

Hier sitze ich. Keine Pflicht ruft mich, kein Abenteuer, keine göttliche Mission. Vor mir liegt nur ein Buch. Erinnerungen von Patti Smith. Erlebnisse aus einem fremden Leben. Ich lese in dem Buch und nehme gelegentlich einen Schluck aus der Tasse. Erneut schaue ich durch das Fenster auf den Innenhof, ignoriere meine Gedanken, die stets den Abweg suchen.

Ich habe nur den Kaffee, habe nur dieses Buch, habe nur mich. Und doch fühle ich mich reich, denn ich bin bei mir. Ich kann atmen. Ich kann das Licht der Sonne erkennen, das in den Innenhof fällt. Ich kann ja sagen zu diesem Moment, zu diesem Tag, zu diesem Leben.

Patti Smith schreibt: „Als die schweren Vorhänge geöffnet wurden und das Morgenlicht den kleinen Essbereich überflutete, kam mir in den Sinn, dass die Wirklichkeit unsere Träume bisweilen übersteigt.“

Ich nicke zustimmend und nehme den letzten Schluck aus meiner Tasse.

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